Roggow und der Aufstieg der Nazis

Roggow liegt etwas abseits von den Städten Mecklenburgs. Es sind 40 Kilometer nach Rostock, 30 nach Wismar. Willy und Gerda fahren dort zwar ab und zu hin, mit ihrem Auto, das sie sich 1930 anschaffen, und gehen ins Konzert oder Theater. Für die Kinder aber wird die Kultur ins Haus geholt. Willy und Gerda engagieren einen Klavierlehrer, Emil Reiser, in der Türkei geboren, weshalb er von den Kindern heimlich „Emileiki“ genannt wird. Er ist Kapellmeister in Weimar und hochmusikalisch. Seine Frau Alvine ist eine Geduldsprobe für Willy, mit ihren langen, klappernden roten Fingernägeln. Sie ist eine waschechte Berlinerin, gibt an der Schweriner Oper eine der elf Walküren und ist wohl ziemlich „ordinär“, wie sich Tochter Bille ausdrückt. Die beiden sind vor allem im Sommer in Roggow, für mehrere Wochen. Er spielt allabendlich Beethoven, Bach und Mozart auf dem großen Flügel im Salon, und macht dabei Grimassen, wie es so viele Musiker tun, wenn sie in höchster Konzentration sind. Klein-Knut und Klein-Maja, Detels Jüngste, liegen dabei versteckt unter einem Vorhang und kriegen sich kaum noch ein. Alle vier Kinder Detels sind Dauergäste in den Sommerferien, wie so viele andere, Verwandte und Freunde. Genauso wie ein Sportlehrer, der den Kindern alle möglichen Sportarten beibringt, wie Diskus- und Speerwerfen. Für Weitsprung wird im Park eigens eine Sprunggrube angelegt. Im Wald wird eine Laufstrecke abgesteckt, und am Sonntagmorgen werden alle Gäste aufgefordert, beim Dauerlauf dabei zu sein, Onkels, Tanten, Kinder – vor dem Frühstück – ein Kilometer hin bis zum Mühlstein, einmal drumherum und wieder zurück. Das Highlight aber ist eine Kegelbahn.  Zwischen zwei der riesigen Linden ist eine eiserne Schiene aufgehängt, an der an einem Seil eine Kegelkugel hängt, unten stehen auf einem Holzbrett neun Kegel aus Holz – alle vom Stellmacher des Gutes handgedrechselt, genau wie das Reck und der Barren auf einem kleinen Turnplatz.  „Gekauft wurde ja nichts“, wird meine Tante Bille später sagen. Es gilt, die Kugel so um einen Pfosten herum zu werfen, dass sie auf dem Rückweg die Kegel trifft. Und natürlich haben sich alle Kinder auf diese Kegelkugel draufgesetzt und haben damit wild geschaukelt. Außerdem gibt es Pferde zum Ausreiten und am nahen Salzhaff ein Boot zum Rudern. Für die Kinder ist Roggow ein Paradies.

Zu den Sommergästen gehört auch ein jüngerer Bruder von Gerda, Joachim Albrecht. Der hatte im Ersten Weltkrieg ein Auge verloren und es durch ein Glasauge ersetzt bekommen. Dieses nimmt er ständig – auch in Gegenwart der Kinder – heraus und putzt es. Er ist im Gegensatz zu seiner Schwester sehr unmusikalisch. Was ihn nicht davon abhält, in der Adventszeit beim allgemeinen Adventssingen mittendrin mit einem lauten Brummton einzusetzen. Die Kinder bringt das jedes Mal um ihre Fassung. Auch die Schwester und die Mutter von Gerda, Ursula und Wilhelmine, genannt „Mieze“ und „Ohmchen“, sind ständig da, genau wie Leni, Detels und Willys Schwester. Es ist üblich, dass die nächsten Verwandten eines Erben lebenslanges Wohnrecht auf dem Gut haben. Doch keiner von ihnen nimmt dies in Anspruch. Dafür sind sie dann aber alle in den Ferien da. Auch eine Schwester von Willys und Detels Mutter ist oft dabei, Tante Eva von Bassewitz. Bille erinnert sich: „Meine Geschwister hatten alle ein bisschen Angst vor ihr, sie war sehr streng. Sie war kinderlos, hatte ein ganz scharf geschnittenes Gesicht, viele Runzeln im Gesicht und viele kleine Löckchen auf dem Kopf, war für unser Gefühl uralt, um die 80, und sie war Kettenraucherin. Für damalige Zeiten war das ein bisschen ungewöhnlich. Sie steckte im wahrsten Sinne des Wortes eine Zigarette an der anderen an. Und dann sagte ihr der Arzt eines Tages: das wäre doch sehr sehr gefährlich, und sie solle doch mal aufhören, und dann hat sie gesagt, aufhören könnte sie nicht, aber sie würde es vielleicht etwas einschränken. Man einigte sich darauf, dass sie nur noch jede Viertelstunde eine Zigarette ansteckte. Sie kaufte sich einen großen Küchenwecker und stellte ihn vor sich hin, den Alarm stellte sie auf alle 15 Minuten, und wenn er klingelte, steckte sie sich eine neue Zigarette an, an einer langen, silbernen Zigarettenspitze.

Dann war da noch eine Tante, Tante Ilse Sohn. Ihr Mann war mein Patenonkel, ein äußerst lustiger Onkel, aber vor ihr ekelten wir uns ein bisschen, sie hatte so lange dünne Spinnenfinger, sie hatte wohl Gicht. Man hatte ihr gesagt, dass sie gegen Gicht kuhwarme Milch trinken solle. Also gingen wir in den Kuhstall mitsamt einem Glas, und das wurde dann unter die Kuh gehalten und vom Melkmeister vollgemacht und das trank sie aus. Und dann wollte sie, dass wir es ihr nachmachten, und wir haben uns so geekelt. Und heimlich haben wir uns etwas mokiert über sie, nur heimlich. Lästern war bei uns streng verboten. Aber es unterblieb trotzdem nicht ganz.“ Gerda bringt den Kindern bei, keinerlei Hochmut zu entwickeln, sondern sich gegenüber Landarbeiterkindern genauso zu verhalten wie gegenüber Kindern ihres Standes. Etwas, das meine Mutter und ihre Geschwister genauso internalisiert haben. „Alle Menschen sind gut und schön“, so hieß es immer in unserer Familie. Allen respektvoll gegenüberzutreten, ist auch mir von klein auf eingeimpft worden.

Abschließend sei gesagt, dass Willy und Gerda ihre Kinder in großer Freiheit aufwachsen lassen, liebevoll und ohne Strafen oder körperliche Züchtigung, so erzählt es Bille. Allerdings muss meine Großmutter Vicky einmal Willy dabei beobachtet haben, wie er sehr wohl gewalttätig wurde – und zwar gegenüber Zwangsarbeitern, die später auf seinem Hof aushelfen mussten. Vicky hat ihrer Tochter Maja später unter Tränen davon berichtet, dass Willy mit Fäusten auf die ihm Untergebenen eingeprügelt hat.

Gegenüber den Kindern ist Willy friedvoll, genau wie Detel und Vicky – abgesehen von ein paar Ohrfeigen, die Vicky an die Söhne verteilt, wenn sie zu laut sind – das heißt, die meisten Backpfeifen muss der arme Fortu einstecken, weil Knut und Maja viel schneller sind als er und längst hinterm Sofa verschwunden, wenn die Mutter die Treppe zum Kinderzimmer hinaufgerannt kommt wie eine Furie.

Roggow ist schon für Vater Fortunatus ein Ort großer Freiheit und tiefen Friedens gewesen. Er und seine vielen Geschwister, genauso wie seine Kinder Leni, Willy, Detel und die früh verstorbene Jenny haben hier sämtliche Ferien verbracht. Auch sie wurden liberal erzogen, in großer Freiheit und ohne körperliche Züchtigung. Für wie viele Generationen war Roggow ein ewiges Bollwerk gegen alle Unbill dieser Welt, so muss es ihnen vorgekommen sein. Und tatsächlich hat das Gut bislang alle Krisen in sechs Jahrhunderten überstanden – den 30-jährigen Krieg, in dem so viele Güter aufgegeben werden mussten. Und auch die Weltwirtschaftskrise 1931, in der etliche Familien aus Not ihre Güter verkaufen mussten, um zu überleben.

1931 ist das Jahr, in dem Willy sein Tagebuch beginnt. Von meinem Großvater Detel gibt es zwar einen Stapel Briefe aus dieser Zeit, aber sie sind alle in Sütterlin geschrieben, und das wenige, das ich – mittlerweile ohne die Hilfe meiner Mutter – habe übersetzen können, ist belangloses vertrautes Geplänkel mit meiner Großmutter. Geschrieben in den raren Zeiten, in denen sie einmal nicht vereint in Rostock sind, wo er inzwischen als Direktor einer Bank arbeitet, und die Familie einem normalen Alltagsleben nachgeht.

So muss ich nun auf die Aufzeichnungen meines Großonkels zurückgreifen. Es herrscht also Weltwirtschaftskrise. Auch Deutschlands Wirtschaft geht es schlecht, unter anderen den Landwirten wie Willy. „Die Hälfte aller Privatgutsbetriebe in Mecklenburg hat Anträge auf „Osthilfe“ gestellt“, schreibt er und meint damit Antrag auf staatliche Unterstützung. Willy wird vom Finanzamt aufgefordert, Vermögens- und Grundsteuern zu zahlen: 8000 Mark. Er schreibt zurück, dass er dazu nicht in der Lage sei und bittet um Prüfung seiner Bücher. „Wenn sich hierbei ergebe, dass ich die Steuern zahlen könne, würde ich sie bezahlen.“

Osthilfe bekommt Roggow nicht, dafür ist der Betrieb nicht verschuldet genug. Willy schaut mit bangem Blick auf die Betriebe, die aufgeben mussten, etwa Ivenack, das Gut des Grafen Bernstorff. „Bereits das ganze Hausinventar mit ungewöhnlich wertvollen Kunstgegenständen ist versteigert.“ Mit den Jahren hat auch Willy Wertvolles in Roggow angeschafft. Die Bibliothek mit Hunderten kostbarer alter Bücher über Mecklenburgs Geschichte. Die alten Gemälde von den Oertzen-Ahnen, Ölschinken in schweren goldfarbenen Rahmen. Erlesene Weine, mit denen er nach und nach seinen Weinkeller bestückt, worüber sich die Russen Jahre später besonders freuen werden.

Die Preise für Kühe, Schweine und Holz sind im Keller in diesem Jahr 1931. Willy schreibt: „Und Reichskanzler Brüning handelt nicht. Die Nationalsozialisten nehmen fast täglich an Mitgliedern und Stimmen zu. Viele laufen zu ihnen auch nur aus Verzweiflung. Viele, und zu diesen gehöre auch ich, sehen mit ehrlicher Hoffnung, wenn auch nicht ganz ohne Skeptizismus auf diese Partei und alle, die sich überhaupt Gedanken in die Zukunft hinein machen, sehen den Sturz, das Ende des heutigen Systems. Aber ein Misthaufen verrottet langsamer als man denkt.“

Aus seinen Worten sprechen Skepsis, aber auch viel Zustimmung für die Nationalsozialisten, vor allem aus einem Hass auf die Weimarer Demokratie heraus – den „Misthaufen“. Zwei Jahre zuvor, 1929, hat die NSDAP erste große Erfolge bei Landtagswahlen eingefahren – erst in Sachsen, dann auch in Mecklenburg, wo nun zwei Abgeordnete der Partei im Landtag sitzen. Die NSDAP hat sich nach der verpatzten Reichstagswahl 1928 quasi neu erschaffen, weg vom „Sozialistischen“, hin zum „Nationalistischen“. Zielgruppe sind jetzt nicht mehr die Arbeiter in den Metropolen – denn die haben die NSDAP nachweislich nicht gewählt – sondern der Mittelstand und die Landbevölkerung. Vor allem die Bauern, denen sie unter anderem höhere Gewinne für ihre Feldfrüchte versprechen.

Willy sucht Anschluss an die konservativ-nationalistische Bewegung, die 1924 den „Deutschen Herrenklub“ gründet. Ihre Mitglieder: adlige Großgrundbesitzer, Großindustrielle, Bankiers, Ärzte, Professoren, Rechtsanwälte, Redakteure und hohe Beamte, allesamt antiliberal, antidemokratisch, antimarxistisch, rechts. Sie gelten als Wegbereiter für die Nazis. Und mein Großonkel – gründet genau solch einen Club, die „Herrengesellschaft Mecklenburg“, 1926, zusammen mit 30 weiteren Männern, die sich zur „Oberschicht“ zählen. Auch mein Großvater Detel ist dort Mitglied, sowie acht weitere Oertzens. Im Laufe der Jahre wird sich die Zahl der Mitglieder verzehnfachen. 1932 gibt es deutschlandweit bereits 13 solcher regionalen Herrengesellschaften. Sie sind untereinander im ständigen Austausch und gehören der „Ringbewegung“ an, die sich auf die Zeitschrift „Der Ring“ stützt. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Zeitschrift unter anderen: die Heroisierung des Ersten Weltkriegs und die Überwindung des Weimarer Verfassungssystems. Dem Historiker Stephan Malinowski zufolge haben diese Klubs nichts weniger als die Schaffung einer neuen sozialen „Führerschicht“ im Sinn. Malinowski hat in seinem großartigen Buch „Vom König zum Führer“ über die Rolle des Adels im Nationalsozialismus geschrieben, auch Willy mit seiner Gesellschaft hat er dabei unter die Lupe genommen.

Der Gründer des ersten dieser Clubs, des „Deutschen Herrenclubs“, war Bodo von Alvensleben. Er wird noch eine bedeutende Rolle in der Familie spielen. Nachdem seine Frau gestorben war, heiratete Bodo ein zweites Mal: Josi, die älteste Schwester meiner Großmutter Vicky.  Von Bodo und seinen Töchtern, vor allem von Titti, wird noch öfters die Rede sein: Sie heiratet später Jürgen, den ältesten Sohn Willys. Ist das alles ein verwandtschaftliches Durcheinander in diesen Familien.

Zurück zum Herrenclub, den Bodo gründete: Wo genau steht der politisch? Wo steht Willy selbst politisch? Er zitiert häufiger den deutschen Philosophen Oswald Spengler, der vieles von dem teilte, was die Nationalsozialisten propagieren, manches davon aber auch eindeutig ablehnte. Zum Beispiel lehnte er den Antisemitismus ab. Und tatsächlich ist im Herrenklub, in dem es auch jüdische Mitglieder gibt, das Thema „Antisemitismus“ keines, das zur erhobenen Ideologie zählt. Offenbar wird Willy einmal von einem Nazi aufgefordert, ein jüdisches Mitglied auszuschließen, einen Herrn Dr. Meyer. Der habe einen schlechten Charakter und außerdem versucht, sich Gelder zu ergaunern, was ihm aber nicht nachgewiesen werden könne. Willy ist das furchtbar unangenehm, er berät sich mit seinem Anwalt und beide beschließen, den Herrn Dr. Meyer einfach aus dem Mitgliederverzeichnis zu streichen, ohne ihn darüber direkt zu informieren.

Laut dem Historiker Malinowski arbeiten die Club-Mitglieder vor allem daran, mehr Einfluss auf den Reichspräsidenten zu bekommen, überhaupt als Oberschicht in der Regierung wieder stärker vertreten zu sein. Sie bekämpfen das allgemeine gleiche Wahlrecht und generell den Parlamentarismus.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was diese Herren anstreben: praktisch eine Diktatur, bei der sie aber ein Wort mitreden wollen. Ein Parlament wie in einer Demokratie soll es nicht mehr geben, wohl aber eine Vertretung der Oberschicht. Wer nicht zu diesen Privilegierten gehört, hat keine Chance, ein Wörtchen mitzureden. Also ich wäre zum Beispiel so eine Kandidatin. Weibliche Mitglieder gibt es – natürlich – keine, nur hin und wieder ist eine weibliche Referentin eingeladen. Im Grunde wollen diese Erzkonservativen das Rad der Geschichte wieder in monarchistische, in Kaisers Zeiten zurückdrehen.

Das Klub-Mitglied Franz von Papen, der 1932 für ein paar Monate Reichskanzler wird, versucht mit seinem „Kabinett der Barone“ (so Goebbels, weil in dem Kabinett fast nur Adlige sitzen), möglichst viele Punkte des Herrenklub-Programms umzusetzen – was mangels Zeit gründlich misslingt. Jedenfalls sind diese Klubs bei den NS-Leuten nicht unbedingt beliebt, den Nazis sind diese Männer zu abgehoben. Goebbels verkündet 1932 geifernd „den „rücksichtslosen Kampf“ gegen jene „Sorte von Adel“, die – zurückgelehnt im „Herrenklubsessel“ – das Volk als „stinkende Masse“ bewerten würde. Hitler polemisiert in Reden gegen die „hochwohlgeborenen Herrschaften, die schon in einer ganz anderen Menschheit stehen infolge ihrer Geburt.“

Gänzlich kalt lässt Willy diese Ablehnung nicht. Er versucht mehrfach, Hitler als Redner für die regelmäßigen Club-Veranstaltungen zu gewinnen. 1928 sagt Hitler sogar schon unverbindlich zu, einen Vortrag über „Nationalsozialismus und Landwirtschaft“ zu halten, sagt aber kurzfristig doch ab – mit der Begründung, er müsse für eine Rede im Berliner Sportpalast seine Stimme schonen. Dutzende von Veranstaltungen werden über die Jahre gegeben. Es geht um Themen wie „das Auslandsdeutschtum“, um die Befreiung vom „Tarifzwang“ oder während des Krieges um die deutsche Kriegführung „zu Lande und zur See“. Ein Herr Dr. Rohrbach aus München tritt gleich mehrfach auf, er fordert die Rückeroberung deutscher Kolonien und referiert über den „Untermensch“. Das beschreibt Lothar Elsner, er hat das alles akribisch recherchiert und darüber ein Buch geschrieben: „Die Herrengesellschaft. Leben und Wandlungen des Wilhelm von Oertzen.“

Der Historiker Malinowski erwähnt einen Brief, den Willy an Hitler schreibt. Er wünscht sich von ihm einen Vortrag zum Thema „Nationalsozialismus und Eigentum“. Viele landbesitzenden Standesgenossen hätten „aufgrund der Enteignungsparolen der NS-Propaganda“ große Skepsis gegenüber den Nazis – sprich: Sie fürchten um ihre Ländereien. Nachdem die NSDAP 1931 aber erklärt, dass sie den Grundbesitz nicht antasten und die Agrarstruktur auf dem Land beibehalten will, wirbt denn auch Willy um Aufnahme in die Partei, wird aber zunächst abgelehnt, und zwar vom Mecklenburgischen Gauleiter Friedrich Hildebrandt höchstpersönlich, mit dem Willy eine herzliche Feindschaft verbindet. Willy traut Hildebrandt nichts zu, dieser sei ein typischer Emporkömmling der Nazis, ohne Bildung und Klasse. Hildebrandt wiederum lehnt den Landadel und die Herrengesellschaft komplett ab und verbietet seinen Parteigenossen, in die Gesellschaft einzutreten, was zahlreiche Mitglieder dazu veranlasst, aus der Gesellschaft auszutreten, allen voran Willys Co-Vorsitzender von Plessen. Willy rackert sich an dieser Ablehnung der Nazis ab. „Es ist immer wieder dasselbe. Man ist bereit und gewillt, mitzuarbeiten, es gibt so vieles, worüber man sich freuen kann und freuen muss in der heutigen Zeit, es hat sich so vieles erfüllt, was man angestrebt und geholfen hat zu verwirklichen und immer wieder treten Dinge dazwischen, die man eben mit dem besten Wollen nicht billigen kann und die einen zurückstoßen. Am 13. Mai fand eine riesige Landarbeiterkundgebung in Schwerin auf dem alten Garten statt. 35.000 Arbeiter sollen dort gewesen sein. Eine ausgezeichnete Unternehmung, die ich durch Entsendung zahlreicher Arbeiter förderte. Hildebrandt aber hielt eine Rede gegen den Großgrundbesitz von solcher Schärfe, dass selbst die Arbeiter damit nicht einverstanden waren. Sie wollen diese Reminiszenzen an eine Zeit des Kampfes und des Gegensatzes nicht mehr hören.“ Willy spielt damit auf die teils blutigen Unruhen in den 20er Jahren an, in denen überall die Arbeiter aufstanden, um eine gerechtere Entlohnung und mehr Freiheiten zu bekommen, abgesehen vom Kapp-Putsch und seinen Nachwehen: ein konterrevolutionärer Putschversuch gegen die Weimarer Republik, von Angehörigen der Reichswehr und anderen Milizen, was unter anderem in Mecklenburg lange Zeit für Unruhe sorgte.

Laut Wikipedia waren im Jahr 1934 rund 60 Prozent der Club-Mitglieder in der NSDAP. Erst da, 1934, bekommt Willy die Parteimitgliedschaft, dank der Unterstützung des prominenten Parteimitglieds Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg.

Erklärtes Ziel dieser „Herrengesellschaft“ ist nicht nur, in der aktuellen Regierung mehr Macht und Einfluss zu erlangen, sondern auch, die junge Generation zu einer zukünftigen Oberschicht heranzubilden, welche die Geschicke der Deutschen einmal im Sinne der alten Elite lenken soll. Dass Willy im Laufe des Krieges einen nach dem anderen dieser Gruppe sterben sieht, das wird ihn zutiefst verzweifeln lassen. Ohne diese Hoffnungsträger kann die Zukunft nur eine grauenhafte sein. Eine, die es nicht wert ist, erlebt zu werden.

Noch aber stehen wir mit Willy und Detel am Beginn der Nazizeit. Am 30. Januar 1933 beruft Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Reichskanzler, Franz von Papen wird Vizekanzler. Der Wunsch des Reichs-Präsidenten ist es, NSDAP und Deutschnationale Volkspartei an einen gemeinsamen Kabinettstisch zu bringen. Und wer kann dieses schwierige Unterfangen besser angehen als sein Günstling von Papen, der selbst ein halbes Jahr Reichskanzler gewesen ist und nun die Rückkehr zur Macht wittert? Als Vizekanzler glaubt er noch genug Kontrolle über Hitler zu haben. Sein Satz:In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht!“ sollte uns heute Mahnung sein, wie sehr man die Rechten unterschätzen kann! Die NSDAP ist vielmehr stärkste Partei im Reichstag. Und Deutschland? Feiert das.

„Ein ungeheurer Jubel brach in ganz Deutschland los, als das Radio kurz nach Mittag diese Botschaft durch den Äther funkte, die wir zufällig auch auffingen“, so schreibt Willy in sein Tagebuch. „Die Nationalsozialisten schnappten vor Seligkeit fast über, aber auch bei allen anderen Nationalgesinnten war die Freude gewaltig und ehrlich, wenn sich auch, gerade nach dem Verhalten der Partei in den letzten Monaten gegenüber den beiden kurzen Rechtsregierungen im Reiche einige Zurückhaltung noch bemerkbar machte. Die nächsten Tage und Wochen, alle sich mit rasendem Tempo anschließenden Begebenheiten und die weiteren Schritte der Regierung taten ihr Übriges, um eine anhaltende Stimmung der Einhelligkeit der ganzen Nation, der Eintracht, der Zusammengehörigkeit und der freudigen Hoffnung und Zuversicht zu erzeugen, die wirklich groß und erhebend war und nur mit der Stimmung verglichen werden kann, die in den August-Tagen von 1914 nach der Verkündung der Mobilmachung herrschte.“

Dann kommt am 27. Februar 1933 die Nachricht: „Der Reichstag brennt!“ Willy vermutet gleich – so wie es die Nazi-Propaganda verbreitet – eine „kommunistische Verzweiflungstat“.

„An 60 verschiedenen Stellen waren im Gebäude Brandherde angelegt gefunden, ehe es möglich war, sie zu löschen, stand der ganze Sitzungssaal in Flammen und es hätte nur wenig gefehlt, dass das ganze Gebäude in Flammen aufgegangen wäre. Es war, wie es hieß, die Tat von Kommunisten und hatte das Fanal sein sollen für einen bolschewistischen Umsturz in ganz Deutschland. Mit einer ungeheuren Schnelligkeit wurde eingegriffen, die Entdeckungen in den unterirdischen Geheimräumen des Karl-Liebknecht-Hauses am Bülowplatz brachten gleichzeitig ein großes weiteres Material zu Tage und eine große kommunistische Verschwörung, die mit Bränden in ganz Deutschland, mit Streiks, Sabotageakten, Morden, Plünderungen und Lebensmittelvergiftungen hatte durchgeführt werden sollen, um den Beginn einer deutschen Bolschewisten-Revolution einzuleiten und zugleich zu verschleiern, wurde erkannt. 8 Tage vor dem Wahltermin!“

Etliche kommunistische Politiker werden von den Nazis in Schutzhaft genommen oder setzen sich in den Untergrund ab. Die sogenannte „Schutzhaft“ – der Freiheitsentzug ohne jede rechtliche Grundlage – ist durch die soeben frisch erlassene „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ ermöglicht worden. De facto verhängen die Nazis in der sogenannten Reichstagsbrandverordnung den rechtlichen Ausnahmezustand über Deutschland. Tausende werden daraufhin in „Schutzhaft“ genommen und in Konzentrationslager eingewiesen, Hunderte sterben dort. Hermann Göring, mittlerweile Ministerpräsident Preußens, gründet zwecks Verfolgung von Staatsfeinden die „Gestapo“, die Geheime Staatspolizei. Bis zum Krieg hat die Gestapo gerade einmal 7000 Beamte in ganz Deutschland. Mehr sind auch gar nicht nötig. Denn es kommen unzählige kostenlose V-Leute hinzu, Informanten wie Blockwarte und Postboten, und Spitzel aus der Bevölkerung. Drei Gestapo-„Gesetze“ legen fest, dass sich die Gestapo an keinerlei Gesetze halten muss. Folter, Mord, Verschleppung ins KZ: Alles ist nun legal.

Die Wahlen am 5. März 1933 bringen – bei einer großen Wahlbeteiligung – eine parlamentarische Mehrheit für die NSDAP zusammen mit der „Kampffront Schwarz-weiß-rot“, einem Wahlbündnis aus DNVP (Deutschnationale Volkspartei) und Stahlhelm. Willy ist zufrieden, hat er doch die Arbeiter der Region dazu gebracht, genau so zu wählen.

„In Roggow und Russow machte ich meinen Leuten (…) einen Tag vor der Wahl leicht die ganze Bedeutung dieser Volksabstimmung klar und erreichte, dass sie keinen einzigen kommunistischen Stimmzettel und nur drei sozialdemokratische statt deren 20 bei der Wahl vom 6. November in der Wahlurne fanden, dafür aber 122 nationalsozialistische und 14 Deutschnationale. Von den sozialistischen waren bestimmt mindestens zwei von Knechten der Bauern abgegeben, die zum Reichsbanner (politischer Wehrverband zum Schutz der Demokratie) gehörten. Wir waren also zum ersten Mal so gut wie marxistenfrei. Ich ließ sofort ein paar Fässchen Bier anrollen und wir feierten am selben Abend noch unter der schwarz-weiß-roten und der Hakenkreuzfahne den Sieg des nationalen Deutschlands und die Geburtsstunde des Dritten Reichs. Der Liberalismus ist, nachdem er die Zeit seiner Berechtigung, seiner Blüte und seines Segens für die Entwicklung des Wirtschaftslebens längst überwunden, nachdem er sich zum reinen Marxismus ausgelebt hat und unmittelbar im Begriff stand zum Bolschewismus zu werden, überwunden und eine neue Epoche hat begonnen.“

Willy bewundert den Hang der Nazis zu großen Feiern und traditionellen Riten. Das animiert ihn, selbst zur Eröffnung des neuen Reichstags am 21. März einen Umzug mitsamt Feuer zu veranstalten. Und am 1. Mai parallel zur bombastischen Arbeiter-Feier in Berlin feiern auch sie in Roggow „mit den Schulkindern und allen Arbeitern in Roggow im Saal, traten dann vors Haus und setzten unter den Klängen des Horst-Wesselliedes (Die Fahne hoch! – Die Reihen fest geschlossen! – SA marschiert – Mit ruhig festem Schritt etc.) und des Deutschlandliedes die beiden Flaggen am Fahnenmast des Hauses, dann zogen wir in gemeinsamem Zuge zur Kirche nach Russow, wo sich ein Gottesdienst anschloss.“

Willy feiert den Abgesang der Sozialdemokraten und er feiert das „Dritte Reich“, aber er ist entsetzt über die teils brutalen und hirnlosen Nazi-Aktionen, die sich vor allem gegen Juden wenden. „Die Dinge gleiten ihm (Hitler) doch mehrfach aus der Hand und er ist umso weniger imstande, seine Unterorgane im Zaum zu halten, als er auch bei offensichtlichen Übergriffen nicht gegen sie einschreitet oder sie maßregelt, sondern ihnen alles durchgehen lässt und nur allgemein durch Erlasse tadelt. So wurde gleich in den ersten Tagen der Hitlerregierung ein ungeheurer Fehler begangen, indem 24 Stunden lang eine Judenverfolgung und Belästigung, welche von den Unterführern einfach in Szene gesetzt worden war, geduldet wurde, statt sie zu verhindern. Es scheint, dass ein solches Verhindern nicht mehr von oben möglich gewesen ist und darum mitgemacht werden musste, um dann allerdings am folgenden Tage zunächst suspendiert und schließlich abgeblasen zu werden. Jüdische Geschäfte wurden einfach geschlossen, ihre Inhaber in Schutzhaft genommen, jüdische Ärzte und Anwälte selbstständig abgesetzt, Professoren und Lehrer beseitigt und vieles ähnliche. Die Folge davon war zunächst ein massenhaftes Auswandern der Juden, was kein großer Nachteil gewesen wäre, zugleich aber fühlte sich das internationale Judentum der ganzen Welt, dessen Macht eben nicht unterschätzt werden darf, auf tiefste beleidigt.

Es spricht kein Mitgefühl für die leidenden Juden aus diesen Zeilen, im Gegenteil. Ihr Auswandern wäre „kein großer Nachteil“. An den Nazis stößt ihn die Brutalität ab, die Anstandslosigkeit und Zügellosigkeit. Und er empfindet Schmach, weil das Ausland nun etwas gegen Deutschland in der Hand hat. Aber das alles hindert ihn nicht daran, für die NSDAP zu sein.

Weder Willy noch Detel mögen Juden. Schon als Jugendliche war das so. Als die Brüder drei und sechs Jahre alt waren, zog die Familie von Schwerin nach Berlin. Vater Fortunatus war dort Botschafter von Mecklenburg geworden. Die Jungs wurden erst von einem privaten Hauslehrer namens „Unglaube“ unterrichtet, dann gingen sie aufs Königliche Wilhelmsgymnasium im Tiergarten. Willy litt dort unter der „Judengesellschaft“. Die Hälfte der Schüler waren Juden, und zwar zum größten Teil Söhne wohlhabender Familien aus dem Tiergartenviertel. Willy beschwerte sich in seinem Tagebuch darüber, dass „die Judenjungens“ fast alle Hauslehrer hatten, die ihnen bei den Arbeiten halfen. Mit der Folge, dass sie im Unterricht ziemlich fit waren und der Lehrer das allgemeine Lern-Level an ihnen maß und seinen Lehrstoff gnadenlos durchpaukte – was angesichts der Klassengröße – bis zu 60 „Jungens“ – schon fast ein Kunststück ist.

Später wird Großvater Detel sagen, dass er viel von den ihm bekannten Juden gehalten hat, auch, weil sie meist gebildeter und kultivierter waren als ihre nicht-jüdischen Zeitgenossen, was an ihrer Tradition und Religion liegt, die dem Gelehrtentum einen hohen Stellenwert beimisst und in der die Kenntnis der Schriftsprache viel früher gefördert wird als in der christlichen.

Beide, Detel und Willy, sind nach dem Ersten Weltkrieg leicht zu überzeugen gewesen von der sogenannten „Dolchstoß“-Legende der Generäle. Zu gern sahen sie die Schuld für die Niederlage Deutschlands bei den linken Oppositionellen, Sozialdemokraten und anderen demokratischen Politikern sowie dem „bolschewistischen Judentum“.

Im Jahr 1933 also werden nun viele politische Ämter mit Nazis besetzt. Willy ist mit den neu ernannten nationalsozialistischen Vertretern in Mecklenburg nicht einverstanden, unter anderem sein ehemaliger Diener Methling wird zum Kommissar der Gewerkschaften in Rostock bestellt und behandelt Willy nur noch von oben herab. „Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, dass dieser neue Aufstieg auf der Bonzenstufenleiter ihm sehr stark zu Kopf ging! Er ehrt mich zwar noch mit seinem Wohlwollen und gelegentlich mit einem Händedruck, aber fühlt sich doch in Wirklichkeit stark über mich hinweg gewachsen.

Der Berliner „Herrenklub“ ändert seinen bei den Nazis anstößigen Namen in „Deutscher Klub Berlin“ – um den Eindruck zu vermeiden, es handle sich um eine elitäre Versammlung. Wenige Monate später streichen die Mecklenburger ebenfalls das „Herren“ aus dem Namen und nennen sich nun „Deutscher Klub Mecklenburg“.

Kurz darauf erklärt Deutschland seinen Austritt aus dem Völkerbund. Willy bedauert, dass Deutschland nun keinen einzigen Freund mehr im Ausland hat. Die Deutschen stimmen dem Austritt bei den Wahlen am 12. November 1933 zu. Auch der Reichstag wird gewählt. Es tritt nur eine Partei an: die NSDAP, mit zehn Kandidaten, von Hitler bis Hugenberg. Es gibt einen Kreis, in den man sein Kreuz machen kann, und nur diesen einen.

„Natürlich behauptete das Ausland, die Wahlen wären unter dem Terror des Nationalsozialismus vor sich gegangen und das Wahlergebnis also ein erzwungenes, unechtes. Dies ist psychologisch falsch gesehen. Die Wahlen verliefen ohne Terror, das Ausland sieht aber die wiederum unsagbar geschickte psychologische Begabung Hitlers und Göbbels nicht durch.“

 

Kein Zeichen, keine Wertsachen, keine Leiche

So. Und nun geschieht etwas, das einen deutlich sichtbaren Kratzer im nationalsozialistischen Glanzbild hinterlässt. Nicht nur bei Willy, bei zig anderen Deutschen ebenso: der sogenannte „Röhmputsch“.

Am 1. Juli 1934 ist das Haus voll mit sechs amerikanischen Studenten. Willys Ältester, Jürgen, ist gerade von einem einjährigen Auslandsjahr in den USA zurück, und schon sind die neu gewonnenen Freunde gekommen, um „selbst einmal dieses merkwürdige Deutschland zu sehen“. Sie sind gerade beim Billardspiel auf der Diele, als im Radio die Nachricht kommt, dass der oberste SA-Führer Röhm mit sieben Obergruppenführern der SA erschossen wurde. „Weil er einen Putsch gegen den Führer vorbereitet habe und im Begriff gestanden hätte, diesen durchzuführen. Diese Nachricht wirkte erschütternd auf uns. Es war das erste Mal, dass der Führer gegen einen seiner eigenen alten Mitkämpfer, gegen einen Parteigenossen einschritt. Und sieben der höchsten Unterführer waren mit Röhm zusammen ohne Verhör, ohne Urteil niedergeschossen worden. Das war etwas Neues in Deutschland, noch nie Dagewesenes und ein altüberkommenes Gerechtigkeitsgefühl sträubte sich dagegen. Warum konnte er nicht verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt werden? Auch das hätte innerhalb 24 Stunden erledigt und vollstreckt sein können. Die nächsten Meldungen bestätigten, dass höchste Gefahr im Verzug gewesen sei und wir begannen, die Gründe für das übermäßig schnelle Einschreiten, wenn auch nicht zu billigen, so doch wenigstens zu verstehen, zumal es durch den selbst dabei Anwesenden Führer vollzogen worden war.“ In den nächsten Tagen weicht das Misstrauen und an seine Stelle tritt Mitleid mit dem Führer und Verständnis, ja sogar Bewunderung für seine schnelle Reaktion. Dann kommen neue Gerüchte auf.

Es seien noch mehr Unterführer in Schutzhaft genommen, nein, erschossen worden. Willy und die Seinen glauben das nicht. Schleicher sei erschossen worden. Kurt von Schleicher, er war für zwei Monate Reichskanzler, bevor Hitler die Macht ergriff bzw. von Hindenburg übertragen bekam. Das Ausland meldet, es seien noch mehr Menschen umgebracht worden. Auch das glauben sie alles nicht, … „bis ich am 7. Juli einen Brief mit schwarzem Trauerrand auf dem Frühstückstisch fand, unterschrieben von der Frau meines guten prachtvollen Freundes Beulwitz: „Meine lieben Oertzens! Ihnen allen die unfassbare Nachricht, dass man mir den Veit Ulli am 1. Juli abends 7:30 Uhr in Berlin erschoss. Dieser Patriot aus tiefstem Herzen hatte bestimmt nichts mit der Schurkerei von Röhm zu tun. Es genügte schon für das unglaubliche Blutbad in Berlin das Wort Stabsführer im obersten SA-Presseamt. Ich habe heute noch nichts, kein Zeichen, keine Wertsachen, keine Leiche. Wäre ein Freund nicht zufällig Augenzeuge gewesen würde ich noch suchen.“ Willy merkt später an, dass in diesem Augenblick etwas in ihm entzweigeht, das nie wieder ganz verheilt. Er begreift, dass die Zeitungen lügen. Dass die Menschen nur deshalb so ruhig bleiben, weil sie nicht ahnen, was wirklich geschehen ist. Tatsächlich dringt die Wahrheit des sogenannten „Röhm-Putsches“ erst viel später scheibchenweise an die Öffentlichkeit. Innerhalb weniger Tage wurden rund tausend Menschen umgebracht, darunter hohe SA-Führer wie Stabschef Röhm, aber auch Gregor Strasser, Reichsorganisator (Generalsekretär), und eben Kurt von Schleicher samt Ehefrau, die in ihrer Villa erschossen wurden. Alle, die bei Hitler, Göring oder Goebbels irgendwie in Misskredit geraten waren, wurden auf diese Weise aus dem Weg geräumt. Dazu wurde ein Putsch der SA erfunden, den Röhm angeblich vorbereitet hätte.

Willy hofft noch darauf, dass Hitler irgendwann die Wahrheit über die Morde erklären würde, aber im Juli „erklärte Hitler im Reichstag, es seien 78 Personen erschossen worden. In Wirklichkeit waren es viele hunderte. Alle ohne Urteil, ohne überhaupt gehört oder vernommen zu werden. Ministerpräsident Göring rief sich die Staatsanwälte Deutschlands zusammen, hielt ihnen eine Rede, in der er sagte, dass sie, falls Übergriffe vorgekommen wären, diese unnachsichtig verfolgen sollten, und zur gleichen Zeit erklärte das Reichskabinett die Erschießungen für rechtens, die Aktion für abgeschlossen und erledigt. Irgendeine Nachprüfung hat nicht stattgefunden, Namen und Gründe und Beweise wurden bis heute nicht genannt und werden nicht genannt werden.

Im August 1934 stirbt der Reichspräsident, Generalfeldmarschall von Hindenburg, 86 Jahre alt. Das Amt übernimmt Adolf Hitler. Willy schreibt: „Eine Volksabstimmung sollte darüber entscheiden, ob das deutsche Volk diese Vereinigung des Reichspräsidentenpostens mit dem Amt und der Person des Reichskanzlers billigt, das Ergebnis der Abstimmung brachte 88% Ja- Stimmen, bei einer überaus starken Wahlbeteiligung, allerdings auch bei einer unverhältnismäßig hohen Zahl von ungültigen Stimmen. Ich stimmte trotz schwerster Bedenken mit „ja“, weil ich zurzeit keine andere Möglichkeit sehe, weder innen- noch außenpolitisch, als die, die Stellung des Führers zu festigen, denn wenn er verschwindet, besteht die Gefahr eines völligen Chaos.“

Im März 1935 wird die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht verkündet. Die deutsche Regierung verstößt damit eindeutig gegen die Regeln des Versailler Vertrags. England und Frankreich belassen es aber bei Protestnoten. Bei der deutschen Bevölkerung löst das angeblich „einen Sturm der Freude und Begeisterung“ aus. Willy ist mittlerweile bei solchen Nachrichten skeptisch.

„Immer wieder, fast täglich, bei jeder Zeitung des In- und Auslandes, die man in die Hand bekommt, bei jeder Unterhaltung, die man über die unmittelbar aktuellen Ereignisse mit irgendeinem Menschen führt und auch im stillen Kämmerlein taucht die Frage nach dem Für oder wider des in Deutschland herrschenden Systems auf. Sind wir auf dem richtigen Wege oder rennen wir in eine Katastrophe hinein? Ist Hitler unser Glück oder unser Verhängnis? Es lässt sich nicht leugnen, dass bereits Großes geleistet und geschaffen ist, dass ungeheure Missstände beseitigt sind, die in einem Lande wie Deutschland, das den Krieg verloren hat und mit jedem Pfennig rechnen muss, einfach nicht mehr tragbar, aber mit den Mitteln des alten Regimes nicht zu bessern waren. Und immer wieder kommen die Bedenken von der anderen Seite. Die Spannungen auch innerhalb dieser Regierung sind fortgesetzt sehr große. Nur ganz selten kann man Menschen sprechen, die nicht auf das Heftigste kritisieren, Sorgenfalten auf der Stirn tragen und sogar bei loyalster nationalster Einstellung, ein Ende mit Schrecken nahen sehen. Auch überzeugte Parteigenossen sind unter diesen.“

Es ist bemerkenswert, dass im Jahr 1935 viele stärkste Zweifel an den Nazis haben und diese wohl auch offen äußern. Nur wenige Jahre später wird das von den Nazis und ihrer Gestapo komplett unterbunden. Willy meint dazu jetzt schon:

„Die immer noch fast vollständige Knebelung jeder öffentlichen Kritik wirkt sich schädigend auf die führenden Persönlichkeiten selbst aus, denen das Abmessen ihrer Worte und Taten an deren Wirkung auf die Regierten fehlt. Selbst diejenigen, die heute in unglaublicher Weise bevorzugt werden, die Bauern und Arbeiter, sind unzufrieden und schimpfen, wenn auch leise! Wirklich zufrieden sind nur die, welche gute Posten haben. In marxistischen Staaten nannte man diese Bonzen. Heute ist das Wort längst wieder gang und gäbe. Es herrscht ein Maß von Heuchelei, wie man es in Deutschland nie für möglich gehalten hätte, eine Folge des Terrors, eine Folge davon, dass wir keinen Rechtsstaat haben, dass man sich öffentlich beleidigen, dass man sich absetzen lassen kann, dass man sich in Schutzhaft nehmen lassen, dass man sich verleumden lassen muss ohne sich dagegen wehren, ohne sich rechtfertigen zu können. Das bringt Demoralisierung, Dickfälligkeit, ein müdes Achselzucken wo man aufbrausen müsste, ein Lächeln, wo man empört losfahren sollte, zuletzt einen Fatalismus, ein sich Drücken, Umwege suchen, ein Vermeiden des Auffallens, ein Schweigen mit innerer Wut, mit verbissenem Zorn. Das ist schädlich und gefahrvoll, wenn nicht solche Regierungsweise ein Übergang ist und sich bald ändert. Der Deutsche ist zu sehr rechtlich gesonnen, er vergisst zu schwer, als dass er dieses System dauernd ertragen könnte. Und doch kann einem niemand auf die Frage eine befriedigende Antwort geben: was willst du denn an die Stelle des von Dir so gescholtenen Systems setzen? Darum muss man es stützen. Man muss sein Gutes sehen, und glauben – und hoffen.“

Dass jemand, der die Lage schon so früh so klarsichtig analysiert, dennoch an den Nazis festhält, verstehe ich nicht. Willy sieht keine Alternative, weil er die Demokratie ablehnt. Er erfährt, dass Hitler gegenüber seinen Parteiführern offenbart hat, dass der Ex-Kanzler Kurt von Schleicher ohne Grund erschossen worden ist. Auch wird offen darüber gesprochen, dass am 30. Juni des vergangenen Jahres keine unmittelbar drohende Revolution von Röhm geplant war.

Womit Willy auch Probleme hat, ist die Einstellung der Nazis zur Kirche. So diskreditiert der berüchtigte Reichstatthalter Hildebrandt den Pfarrer Beste aus Neubukow in der Öffentlichkeit, weil dieser ein Führer der „Bekennenden Kirche“ ist. Die Bekennende Kirche war eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen die Gleichschaltungsversuche der Nazis – also die Versuche, die Kirche in das NS-System einzugliedern. In derselben Rede Hildebrandts muss außer dem Pfarrer auch ein Pädagoge dran glauben, der Leiter des Doberaner Gymnasiums, auf das die Oertzen-Kinder gehen. Hildebrandt faselt von jüdischen Einflüssen, von Homosexualität und deutet anderes Übles an. Willy schreibt ihm daraufhin, dass er gerne mehr darüber wüsste.

Ich sagte, ich würde, wenn sich die Dinge dort so verhielten, wie er gesagt habe, keinen Augenblick zögern, meine Kinder dort fortzunehmen, und bäte ihn, mir näheres Material zu geben und nachzuweisen. Am 27. März bereits hatte ich ein Antwortschreiben aus der Reichsstatthalterschaft, welches mir mitteilen ließ, dass zurzeit eine Gefahr nicht besteht und es sich daher empfehle, die weitere Entwicklung abzuwarten. Es sei eine Untersuchung durch den Oberstaatsanwalt über die geschilderten Verhältnisse in die Wege geleitet und der Zweck der Rede sei gewesen, die Parteigenossen zu warnen und zu tatkräftiger Unterstützung des Staatsanwaltes aufzurufen! Es ist seitdem nichts erfolgt und es wird auch nichts erfolgen, da nichts vorliegt. Ich bin durch diese Korrespondenz mit ihrem erstaunlich prompten Rückziehen nun orientiert, aber die Öffentlichkeit, die die Angriffe gehört hat und sie zunächst glauben muss, wird nicht aufgeklärt, ich habe keine Möglichkeit, dies zu tun und die beiden schwer kompromittierten Personen, Pastor Beste und Studiendirektor Gandt werden vergebens auf eine Richtigstellung oder Ehrenerklärung wegen dieser Verleumdung warten.“

Damals wie heute nutzen die Rechten das als ein Mittel der Propaganda: Sie behaupten irgend etwas und rudern zurück, sobald jemand ernsthaft kritisch nachfragt oder gar widerspricht. Das sei ja nicht so gemeint gewesen, aus dem Zusammenhang gerissen, so wird dann abgewiegelt. Mit dem Unterschied, dass dies heute öffentlich geschieht. Sind die Medien einmal gleichgeschaltet, bleibt die Lüge unwidersprochen.

Willy sieht durch solch verleumderisches Verhalten führender Nazis die Gefahr, dass selbst überzeugte NS-Wähler „zu erbitterten Feinden des Nationalsozialismus werden“. Immer größer wird die Zahl der Opfer nationalsozialistischer Hetze: „Kirche, Kommunisten, Juden, Saxoborussen, Adel, Großgrundbesitz, Stahlhelm, alles in einem schönen Topf, mit dem gemeinsamen Etikett „Reaktion“. Was ist Reaktion? Reaktion ist, wenn einer einen Posten oder eine Tätigkeit hat, die ein anderer haben möchte.“

Der „Stahlhelm“ ist eine Vereinigung ehemaliger Frontsoldaten, 1918 von Franz Seldte gegründet, der 1935 Arbeitsminister ist. Der Stahlhelm ist lange Zeit sozusagen eine Konkurrenzveranstaltung zur NSDAP, er hat eine sehr ähnliche Weltanschauung: antidemokratisch, antisemitisch, rassistisch. Er tritt dafür ein, dass ehemalige Frontsoldaten leitende Stellen im Staat besetzen und dass für die Deutschen neuer Lebensraum im Osten geschaffen wird, das heißt eroberte Gebiete in Mittel- und Osteuropa „germanisiert“ und außerdem wirtschaftlich ausgesaugt werden.

Finanziert wird der „Stahlhelm“ von im „Deutschen Herrenklub“ zusammengeschlossenen Unternehmen und ostelbischen Großgrundbesitzern, womit wir wieder bei Willy sind, aber nicht nur, sondern auch bei meinem Großvater. Er ist offensichtlich auch Stahlhelm-Mitglied. Besonders nach dem Ersten Weltkrieg war er einer von vielen frustrierten arbeitslosen Offizieren, die schwer wieder in den deutschen Alltag zurückfanden und mehr oder minder ernsthaft darüber nachdachten, sich im Osten anzusiedeln. In Willys Tagebuch heißt es:

„Bei sämtlichen Stahlhelmern im Lande fand im Juli eine Haussuchung wegen Waffenbesitz statt und der Niederdeutsche Beobachter brachte tatsächlich am 30. Juli die Überschrift „Gegen Stahlhelm – Juden – Reaktion“. Bei meinem Bruder wurde auf dem Nachttisch eine Parabellumpistole gefunden, die ihm Vater während des Krieges geschenkt und ins Feld nachgeschickt hatte. Er wurde daraufhin wegen Hochverrat festgenommen und einen Tag und zwei Nächte in Haft gehalten. Dann wurde er, ohne dass ein weiteres Verfahren irgendwelcher Art eingeleitet wurde, wieder entlassen. Eine Rechtfertigung wurde in keiner Form vorgenommen. Einige Wochen später wurde ihm die beschlagnahmte Waffe stillschweigend wieder ins Haus zurückgebracht. Der Stahlhelm in Mecklenburg ist seitdem verboten. In anderen Landesteilen besteht er fort.“

Auch der „Stahlhelm“ wird gleichgeschaltet, die Mitglieder komplett von der SA geschluckt. Das heißt, mein Großvater ist jetzt Mitglied der SA.

Im März 1936 besetzen deutsche Truppen das entmilitarisierte linksrheinische Gebiet, damit verstößt die Regierung erneut gegen den Versailler Vertrag. Hitler beteuert zugleich seine Friedensabsicht und „die Bereitwilligkeit, in den Völkerbund zurückzukehren – brausender Beifall!“ Willy ist begeistert. „Eine Tat von unglaublicher Kühnheit und einem Risiko, dessen Umfang erst einige Tage später zu Tage trat, aber sie gelang und war ein großer Erfolg.“

Im Juni spricht Willy auf einer Tagung des deutschen Clubs Mecklenburg in Heiligendamm: „Wir müssen das, was uns noch an physischer Kraft – Aufrüstung – und an wirtschaftlicher Kraft – Rohstoffbeschaffung aus dem Auslande, Devisen – fehlt, ersetzen durch unbedingtes Zusammenhalten und sich Stellen hinter den Führer. Er wird es bleiben müssen, bis wir einmal stark genug sind, den Feinden gegenüber die Zähne nicht nur zeigen, sondern auch zum Beißen benutzen zu können.“ Das nenne ich Kriegsbereitschaft. Zumindest nach außen hin lässt sich Willy keine Zweifel an Hitler und den Nazis anmerken. Nur in seinem Tagebuch und wahrscheinlich gegenüber den engsten Vertrauten wagt er, sie zu äußern.

Immerhin zuhause in Roggow läuft alles rund. Die Ernte ist üppig, das Wetter schön, die gerade erst gestartete Schäferei in Wustrow entwickelt sich gut. Bille, Willys Jüngste, geht 1936 als Einzige noch auf die Schule. Ihre ältere Schwester Adele – Delchen – ist in Berlin in der Reimannschule und lernt „allerlei Kunst und kunsthandwerkliche Fertigkeiten“, u.a. Schneidern. Im Juni schickt sie einen Eilbrief nach Hause und verkündet darin nichts weniger als ihre Verlobung einen Tag zuvor mit Edzard Freiherr zu Inn- und Knyphausen. Willy und Gerda sind vollkommen von den Socken. Ihre Tochter hat Edzard erst vor einigen Wochen kennengelernt. Willy fährt eigens nach Berlin, „um Adelchen zu sagen, dass Männer manchmal den Hof machten ohne ernstliche Gedanken zu hegen, weil ich die starken Gefühle bemerkt hatte, die sie ihm entgegenbrachte und vorbeugen wollte, um, wenn er sich zurückzog, eine ganz große Enttäuschung bei meinem Töchterchen abzuschwächen.“ Ich darf an dieser Stelle verraten, dass die beiden zusammen sieben Kinder in die Welt gesetzt haben, die ich alle kennen gelernt habe und die wiederum selbst jede Menge Kinder und Enkel haben. Wenn in Dortmund-Bodelschwingh Familientreffen ist, sind alle noch lebenden Knyphausens dabei, und das sind sehr viele.

Jetzt, 1936, wird in Roggow alles für ein rauschendes Hochzeitsfest vorbereitet. Der große Saal wird renoviert. „Maurer, Stuckateur und Maler arbeiteten viele Wochen lang daran, die grobe braune Bemalung des Deckenstucks wurde beseitigt und die Schönheiten und Feinheiten der alten Decke kamen nun erst richtig zu Tage, als die feinen grauen und rosa Töne drauf gebracht und mit der Goldbronze sparsamer umgegangen wurde als vorher mit der braunen Farbe angedeutet gewesen war.“

So erfreulich die privaten Umstände in Roggow auch sind, Willy hadert weiter mit der politischen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands. Anfang des Jahres 1937 nimmt er einen gravierenden Mangel an Lebensmitteln und an Rohstoffen für die Industrie wahr. Und er empfindet es als zunehmend ungerecht, dass es eine Rechtsprechung eigentlich nur noch für Parteimitglieder gibt.

„Am schlimmsten steht es um die kirchlichen Fragen. Die SS ist geschlossen aus der Kirche ausgetreten, die Beamten werden gedrückt, ein Gleiches zu tun und die meisten geben dem Druck nach aus Angst um ihre Existenz. Der Reichsbischof Müller ist immer noch auf seinem Posten, aber völlig still geworden. Übergriffe und Gewalthandlungen gegen Pastoren der Bekenntnisfront, selbst Demonstrationen mit Zwischenrufen und Skandalszenen in den Kirchen während des Gottesdienstes wiederholen sich. Die Weltanschauungserziehung im Geiste Rosenbergs (Ideologe bei den Nazis, der gegen alles „Undeutsche“ im Christentum wetterte) nimmt ständig zu, besonders auch unter der Jugend, der Konfirmationsunterricht der Kinder wird behindert. Deutschland ist eine belagerte Festung mit Mangel an Lebensmitteln und Rohstoffen, mit Feinden vor den Toren und Zwiespältigkeit unter seinen Bewohnern und in dieser Lage wird ihm seine Kirche und sein Rechtsboden unterhöhlt. Der heutige Staat ruht, mit einigen Ausnahmen, auf einem minderwertigen Unterführertum und kann seiner ganzen Struktur nach nur auf einem solchen ruhen, weil eigene Überzeugung, eigene Gedanken, eigenes Handeln darin keinen Platz haben, es passt nicht in das System. Solcher Zwang ist aber ein Zwang zum Undeutschen. Er bringt mit sich das Heucheln, weil er ein Handeln gegen die eigene Überzeugung verlangt, das Duckmäusertum, weil er ein offenes Wort nicht duldet, Kadavergehorsam, weil er eigenes Wollen unterdrückt und Ausschaltung des Individuums.“

Das Frühjahr 1937 bringt Schwierigkeiten in der Landwirtschaft, wie sie Willy in seinen 26 Jahren als Roggower Landwirt noch nicht erlebt hat. Der Winter war trocken und kalt, darunter haben Roggen und Winterweizen gelitten. Jetzt regnet es ununterbrochen, weshalb sich die Bestellung der Felder ewig hinzieht. Dazu kommt ein Mangel an Arbeitskräften. Die oberschlesischen Wanderarbeiter dürfen nicht aushelfen, womit eine „rassische Verschlechterung“ der Deutschen vermieden werden soll, und aushilfsweise müssen „alle möglichen und unmöglichen Arbeitskräfte“ herangezogen werden. Anderswo in Deutschland sieht es nicht besser aus. Die Ernte dieses Jahr wird dürftig ausfallen, wovon natürlich niemand offiziell erfahren darf. „Man tuschelt nur, man flüstert und sieht sich ängstlich um, ob es auch kein Unberufener oder Denunziant hört, denn es muss weiterhin Optimismus gemacht werden, es muss weiter Kraft durch Freude, es muss weiter gefastet und gefeiert werden.“

Willy wird bitter und sarkastisch. So einen Ton ausgerechnet von ihm zu hören, der doch mit der Ideologie der Nazis und vor allem Hitlers grundeinverstanden ist! „Es müssen auch wochenlang während der Ernte die kräftigsten und besten Männer (…) eingezogen und für die Parade des Nürnberger Parteitags geschliffen werden, statt zu helfen, die Ernte einzubringen. Darüber gehen Millionen von Doppelzentnern der deutschen Erzeugung verloren und der Vorsitzende des Arbeitsamtes Wismar rühmt sich, dass in seinem Bezirk keine unerwünschten Ausländer arbeiten und dass dem Willen des Herrn Hildebrandt Rechnung getragen sei. Herrschaft der Minderwertigen, der Schuster und der Subalternbonzen!“

Das mit der „Herrschaft der Minderwertigen“ ist ein Zitat, der Titel einer Schrift des rechten Politikers und Publizisten Edgar Julius Jung. Willy hat sie mit Sicherheit gelesen, sie entspricht vollkommen seinem Denken – antidemokratisch, antisemitisch und überzeugt vom Adel als natürlichem Lieferanten von Herrenmenschen.

Willy lässt auch bei all seiner scharfen Kritik keinen Zweifel daran, dass er die derzeitige Aufrüstung als richtig und notwendig erachtet. Er bekommt das in der unmittelbaren Nachbarschaft mit: Auf der Halbinsel Wustrow wird für viel Geld eine Flakartillerieschule aufgebaut. Der Duce reist aus Italien an, um sie sich zeigen zu lassen. Was für diesen Anlass an Pomp aufgefahren wird, ist Willy als protestantischem, nüchternen Nordadligen zutiefst verhasst, wie überhaupt die maßlose Verschwendungssucht der Nazis.

Es ist nicht notwendig, dass auf der Fraueninsel Monstrefeste (sic!) gefeiert werden, zu denen die ausländischen Vertreter, denen wir Geld schuldig sind, eingeladen und mit französischem Sekt und Rotwein bis zur Bewusstlosigkeit traktiert werden, zu denen ganze Kompanien von Filmdiven zuerst als Pagen, dann in Gewändern, die der Staat liefert, als Tänzerinnen verwendet werden (der Führer selbst nimmt an solchen Festen nicht teil). Es ist nicht nötig, dass ganze Stadtviertel in Berlin abgerissen werden um im Zentrum der Stadt Kasernen für die Leibstandarte zu erbauen, dass in Nürnberg für 100 Millionen das größte Sportstadion der Welt erbaut werden muss, das 400.000 Personen fassen kann und dessen Grundstein soeben auf dem Nürnberger Parteitag gelegt worden ist (September 1937) und das hunderte von Kilometern Draht zur Vergrößerung der Jagdreviere Görings verwandt werden in einer Zeit, wo der Landwirt keinen Koppeldraht mehr beziehen kann, weil er für Heereszwecke beschlagnahmt ist. Zur gleichen Zeit bleiben die Löhne niedrig. Das erweckt in progressiv steigendem Maße den Ärger, den Zorn, die kaum mehr verhaltene Wut der Massen und manchmal hat man schon jetzt den Eindruck, als ob nur noch wenige Funken dazu gehörten, diese Wut, die nur durch den stärksten Terror und durch ewige Aufmärsche, Feste, Reden und künstliche Begeisterungen zusammenkommandierter Volksmengen im Zaum gehalten wird, zu einer Explosion zu bringen. Noch nie ist ein Herrscher so hermetisch und systematisch von seinem Volk und dessen Stimmung abgeschlossen worden, wie der deutsche Volkskanzler, noch nie hat in Deutschland ein solcher Cäsaren-Wahnsinn geherrscht, wie heute im Staat der Armut, des Arbeiters und des Wiederaufbaus aus tiefster Not und Verschuldung.“

Ein bisschen Feier, ein bisschen Freude gönnen sich meine asketischen Vorfahren aber auch: Im Herbst 1937 feiern Gerda und Willy silberne Hochzeit, und alle vier Kinder sind da. Sibylle, die kurz vor dem Abi steht, sowieso. Adele und ihr Mann Edzard kommen aus Drais bei Eltville, wo die Familie Knyphausen seit Jahrhunderten ein Gut in der Nähe des Rheins besitzt. Adele ist „guter Hoffnung“. Frithjof hat gerade seine Arbeitsdienstzeit beendet und ist auf dem Sprung zur Luftkriegsschule Fürstenfeldbruck bei München, wo er als „Fahnenjunker“ die militärische Laufbahn einschlägt, und Jürgen kommt aus Neugattersleben bei Halle an der Saale. Dort lernt er auf dem Gut von Bodo von Alvensleben, wie man ein landwirtschaftliches Gut führt – schließlich soll er als ältester Sohn einmal Roggow übernehmen. In Neugattersleben hat sich Jürgen Hals über Kopf in die zweite Tochter des Hauses verliebt: Elisabeth, genannt „Titti“. Willy und Gerda tun sich schwer mit dieser Liebe. „Titti Alvensleben ist ein sehr reizender, vornehmer weiblicher Charakter mit viel Charme und vielen Gaben. Was uns Sorgen und viel Kopfzerbrechen macht, ist, dass sie eine fromme und strenge Katholikin ist und dass es uns unmöglich scheint, dass ihre Kinder, wenn auch sie katholisch werden sollten, einmal Roggow erben könnten.“

Einmal kurz die Augen reiben. Im Jahr 1937 haben Willy und Gerda das Luxusproblem, dass sie eine Schwiegertochter mit der „falschen“ Religionszugehörigkeit haben. Keine Muslimin, keine Hinduistin, sondern eine Katholikin. Und für Titti ist es offenbar unvorstellbar, zum Protestantismus überzutreten.

Die drei Schwestern Alvensleben waren erst in Kanada, dann in Bonn aufgewachsen, sie haben bei Bonn eine Klosterschule besucht, eine reine Mädchenschule, streng katholisch. Später, als ihr Vater Bodo das elterliche Gut in Neugattersleben in Sachsen übernommen hat, mussten sie sich an eine durch und durch evangelische Gegend gewöhnen, „und“ – so der Kommentar meiner Mutter – „meinten, sie müssten mit ihrem Katholizismus ein bisschen angeben. Man trug damals viele goldene Armbänder. Bevor sie aßen, machten sie immer ihr Kreuzzeichen, das bedeutete, dass sie katholisch waren. Das klapperte immer, wenn sich dabei ihre Armreifen bewegten. Das fand ich immer sehr komisch.“

Jürgen muss sich also entscheiden – Roggow oder Titti, das Gut oder die Frau. Beides zusammen geht nicht. Warum eigentlich nicht, das erfahre ich an keiner Stelle. Willy scheint das so selbstverständlich zu sein, dass es keiner noch so kleinen Erklärung bedarf. Jürgen wurde schon von klein auf darauf geeicht, Roggow einmal zu übernehmen und Landwirt zu werden. Frithjof wollte das eigentlich auch gerne werden und hat sich den Wunsch mühsam wieder abtrainiert.

Weihnachten kommt Jürgen noch einmal für einige Tage nach Roggow, er ist mittlerweile auf einem Gut in Schlesien. Die Tage werden mit ernsten Gesprächen angefüllt, in Jürgens Gemüt geht es vermutlich zu wie in einer Waschmaschine. Nach einigen inneren Kämpfen entschließt er sich, „auf sein Erstgeburtsrecht und auf Roggow Verzicht zu leisten und seine Heirat mit Elisabeth, genannt Titti, möglich zu machen.“ Willy tut sich schwer mit dieser Entscheidung, „denn ich hatte nie an etwas anderes gedacht und auch Jürgen nicht, als dass er einmal die Traditionen von Roggow fortsetzen sollte, wie das seit 600 Jahren schon geschehen ist und die ganze Erziehung und Ausbildung der Söhne war immer bewusst in der Richtung von uns gelenkt worden, dass der Älteste das Gut übernehmen würde.“

Nun soll also Frithjof zum Erben von Roggow umdefiniert werden. Aber will er das überhaupt? Willy sagt dem einen die Heirat mit einer Katholikin zu, ohne von dem anderen sicher zu wissen, dass er Roggow übernehmen wird. Eine schwierige Situation für Willy. Roggow, das 600 Jahre schwere Familiengut, schwebt auf einmal in der Luft.

Es waren Tage größter Sorgen und Aufregungen für mich, denn die Zukunft von Roggow liegt mir fast mehr am Herzen als alles andere, was meine Familie betrifft; ein einzelner Mensch ist vergänglich, aber ein Familiengut hat etwas von Unvergänglichkeit an sich, etwas von Ewigkeitswert und alle meine Gedanken seit drei Jahren haben nur diesem einen Wunsch und Ziel gegolten und meine Arbeit hat nur den Zweck gehabt, einen meiner Söhne einmal so in Roggow einsetzen zu können, dass auch er es seinen Nachkommen selbst durch schwere oder schicksalreiche Zeiten hindurch als einen sicheren Boden unter den Füßen würde hinterlassen können. Der Gedanke, dass die Kette reißen könnte in einem einzigen Glied gehört zu den schwersten, die mir jemals gekommen sind.“

„Einen sicheren Boden unter den Füßen.“ Dieser wird Willy selbst entzogen werden. Niemand wird mehr einen sicheren Boden unter den Füßen haben, niemand aus der Familie, Millionen von Menschen nicht. Sie steuern allesamt direkt auf den Abgrund zu, manche scheinen es schon zu ahnen. „Ein Familiengut hat etwas Unvergängliches an sich, etwas von Ewigkeitswert.“ Als ich Roggow nach der Wende besucht habe, lag das große Haus verlassen da, grau und von Spinnweben verhangen. Die Dachziegel wiesen Lücken auf, die Fenster waren geborsten, so dass man hineinlangen, den Fenstergriff aufdrücken und hineinklettern konnte. In den Zimmern standen riesige hässliche Kachelöfen, im Westflügel gab es ein Zimmer voller gynäkologischer Instrumente. Hier hatte ein Frauenarzt seine Praxis gehabt. Ein Dutzend Familien hatten in dem Haus gewohnt. Der Saal hatte der Dorfgemeinde als Kulturraum gedient. Wenn man beim Durchqueren des Saals nicht höllisch aufpasste, sackte man bis zum Knie im Boden ein, weil die Holzdielen marode waren und zum Teil fehlten. Roggow war ein Geisterhaus. Ich fand es wunderschön. Aber es war von innen faul, die Wände feucht, die komplette Nordwest-Fassade musste abgerissen und neu errichtet werden, das ganze Haus trockengelegt werden. Sehr lange konnte man den hinteren Teil des Hauses nicht betreten, weil ein großer Graben entlang des Gebäudes bis tief in die Grundmauern klaffte. Mein Vetter Peter-Jürgen und seine Frau Bianca haben Jahre ihres Lebens damit zugebracht, Roggow zu retten und von Grund auf zu sanieren, nachdem sie lange Verhandlungen mit der Dorfgemeinde und der Treuhand über den Rückkauf geführt hatten. Dass Peter-Jürgen als Jürgens Sohn und deshalb natürlicher Erbe das Gut wieder übernahm, gehört zu den verrückten Wendungen des Schicksals.

 

Krieg liegt in der Luft

So bitter und kritisch Willy ist, so begeistert ist er über die nun folgende Aktion Hitlers: Den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland. „Am 12. März 1938 vollbrachte der Führer die größte außenpolitische Tat, die er bisher geleistet hat, auch wenn man die Saarbefreiung, den Einmarsch ins Rheinland, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht oder die Anbahnung der Freundschaft mit Italien in ihrer ganzen Bedeutung würdigt. Österreich wurde dem deutschen Reiche wiedergewonnen. Das faschistische System hat vor allen parlamentarisch regierten Ländern unter vielem anderen auch den Vorteil voraus, schneller handeln zu können und mutiger sein zu können, als es ein Gremium jemals vermag.“

Auch hier wieder und immer noch: Befürwortung der Diktatur und der politischen Aktionen Hitlers. Wie das mit Willys starker Kritik am System zusammengeht, ist mir vollkommen schleierhaft. Was war geschehen? Deutsche Truppen waren nach Österreich einmarschiert, nachdem Göring per Telefon schon der österreichischen Regierung gedroht hatte. Im Handumdrehen wurde das Land unter SS und Wehrmacht gestellt, Hitler reiste persönlich in sein Heimatland und vollzog den „Anschluss“ auf administrativer Ebene. Und die Bevölkerung – freut sich. „Der Jubel des österreichischen Volkes, den wir im Radio miterlebten, überstieg alle Begriffe und alles, was wir bisher in dieser Beziehung bereits erlebt hatten.“

Die Eingliederung ist völkerrechtswidrig und verstößt eindeutig gegen internationales Recht, insbesondere wieder einmal gegen den Versailler Vertrag. Franzosen und Engländer protestieren, lassen es dabei aber bewenden. Hitler lässt im April eine Volksabstimmung über den Anschluss entscheiden. Deutsche wie Österreicher werden gefragt: „Bist Du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden und stimmst Du für die Liste unseres Führers Adolf Hitler?“

Willy hält enthusiastisch fest: „Die Abstimmung ergab nach den veröffentlichten Zahlen einen Prozentsatz der Ja-Stimmen von über 99%, und damit einen Erfolg auch in dieser Beziehung, wie er größer in der ganzen Weltgeschichte noch niemals vorgekommen ist.“ Was er nicht erzählt, ist, dass vorher zahlreiche Prominente Werbung gemacht haben für das „Ja“. Dass Presse und Rundfunk fest in der Hand der Nazis sind und über nichts Anderes reden als über das „Ja“. Dass acht Prozent der Wahlberechtigten von der Wahl ausgeschlossen sind: Juden und politisch Inhaftierte. Das Wahlgeheimnis wurde praktisch nicht gewahrt. Wer Kritik äußert, wird angezeigt. Aber Willy sieht nur die Vorteile: „Wir haben sechs Millionen deutscher Volksgenossen gewonnen, wir haben unsere Rohstoffbasis besonders in Eisenerzen und Holz erweitert, wir haben landwirtschaftliche Nutzfläche auch prozentual zur Bevölkerungszahl gewonnen und wir umklammern die lange schmale Zunge der uns bisher so bedrohlichen Tschechoslowakei so, dass sie über kurz oder lang genötigt sein muss, sich mindestens nicht mehr feindlich zu uns einzustellen.“

Im Jahr 1938 liegt Krieg in der Luft. Deutschland befestigt seine Westgrenze, England rüstet auf. Die wahre Gefahr aber geht von Tschechien aus, meint Willy. „Von dem lächerlichen Staatsgebilde der Tschechei, in dem die deutschstämmigen Volksgenossen gepeinigt, verfolgt und erschlagen werden. Es vergeht seit Monaten kein Tag, an dem nicht in Radio und Presse ein tschechischer Frevel ausgemacht wird und es gibt kein ernstes Gespräch, bei welchem nicht nach wenigen Sätzen das Wort „Krieg“ fällt, man kann zusammenkommen mit wem man will, jeder redet davon, auch die Zeitungen des Auslandes sind voll davon. Wer zwei militärdienstpflichtige Söhne hat, verfolgt schon aus diesem Grund die Dinge mit erhöhten Sorgen. Die deutsche Westgrenze wird mit hunderttausenden von Arbeitskräften befestigt.  Baumaterial ist in ganz Deutschland nicht zu bekommen, fast alle Privatbauten stehen still.“

Einmal kurz innehalten. Was geschieht hier, kurz vor Kriegsbeginn? Die Nazis schüren das Kriegsfeuer. Sie bringen Schauermärchen von der bösen Tschechoslowakei in Umlauf. Schon ein Jahr zuvor hat Hitler dieses Land ins Visier genommen. Nicht, weil da böse gegen die sogenannten Sudetendeutschen vorgegangen wird, sondern weil für die Deutschen angeblich mehr Lebensraum benötigt wird. Kolonialhunger. In der Tschechoslowakei lebt eine deutschsprachige Minderheit von 3,2 Millionen Menschen: die sogenannten Sudetendeutschen. Hitler ermuntert ihren Chef, Autonomieforderungen gegen die Regierung in Prag zu richten. Hitler treibt die Diskussion an, lässt sie sich zum internationalen Konflikt ausweiten und fordert die Abtretung der Sudetengebiete, rund 20 Prozent der Tschechoslowakei, an das Deutsche Reich. Die Tschechoslowakei steht unter französischem Schutz. Willy befürchtet also berechtigterweise, „dass ein kriegerischer Einmarsch Deutschlands wahrscheinlich eine Aktion Englands und Frankreichs bringen müsse und dass, wenn die Kanonen erst einmal sprechen würden, ein neuer Weltkrieg, mindestens ein europäischer Krieg da wäre und dann das Ende nicht mehr abzusehen sein würde.“

Es ist unfassbar, wie Hitler es immer wieder durch seine Reden vermag, selbst so klar denkende Menschen wie Willy von seinen Zielen zu überzeugen, davon, „dass militärische Aktionen nun mehr unvermeidlich sein würden“.

Die Botschafter Englands und Frankreichs machen Hitler deutlich, dass sie – sollten die Deutschen in die Tschechoslowakei einmarschieren – mobilisieren und selbst auch einmarschieren würden. Es herrscht Kriegsangst. „Edzard schrieb mir in diesen Tagen und fragte an, ob er Adele und Tido zu uns schaffen könne, wenn es zum Krieg käme. Zugleich sagte man sich immer wieder, dass auch Deutschland nicht fertig wäre und dass das Kriegsziel, das minderwertige Volk der Tschechen, unendlich unpopulär sei.“ Zum wiederholten Male frage ich mich, was das eigentlich genau ist, dieses Bedürfnis, andere als weniger wertvoll anzusehen als sich selbst, sich als etwas Besseres zu fühlen. Die Deutschen haben das kollektiv über Jahre getan, angeleitet durch die Nazis. Der Mensch trägt diese Neigung in sich. Redet man den Menschen immer wieder ein, dass sie berechtigt seien, andere zu unterdrücken, weil diese minderwertig seien, glauben das so ansonsten intelligente Menschen wie Willy. Wir sind so manipulierbar, wenn wir meinen, dass es uns nutzt.

Jedenfalls unternimmt der britische Ministerpräsident Chamberlain Mitte September einen Vermittlungsversuch in Sachen Tschechoslowakei. Die Mobilmachung in Deutschland schreitet spürbar voran, auch wenn sich die Meldungen von den schlimmen Tschechen schon etwas abgenutzt haben. Willy hält fest: „Dass in Deutschland seit Monaten in progressiv steigendem Maße mobil gemacht wurde, wusste jeder. Seit längerer Zeit waren die Einziehungen von Dienstpflichtigen betrieben worden, auch Autos, Lastwagen und Pferde waren – mitten in der Ernte – requiriert worden. Die Nervosität war ständig im Steigen, auch bei den Truppenteilen, bei denen nicht alles glatt ging. Man lebte von einer Radiomeldung zur anderen und mittlerweile waren die ewig wiederholten Gräuelnachrichten über Flüchtlingselend, Morde, Hungersnöte und etwas sentimentale Einzelfälle alter oder junger schwangerer Frauen nicht mehr zu ertragen. Sie wirkten zu absichtlich und verloren an Wirkung und auch an Glauben.“ Aber ganz sicher ist sich Willy nicht, ob an den Gräuelmeldungen nicht doch etwas dran ist. Chamberlain reist nach Bonn Bad Godesberg und bietet dort als Besänftigungsgeste die Abtretung des Sudetenlandes an. Das soll Hitler jeden Vorwand für einen militärischen Angriff nehmen.

Ende September hält Hitler eine Rede im Sportspalast, in der er das Sudetengebiet „so oder so“ fordert und außerdem verkündet, dies sei der letzte territoriale Anspruch des Deutschen Reiches. Willy hört der Rede zu. „Beifallsstürme mit einer fast hysterischen Masse durchtobten das Gebäude, aber die Kriegspsychose, in der dort gemacht wurde, übertrug sich nicht auf die Rundfunkhörer. Im ganzen Land herrschte eine ausgesprochene Beklemmung und gar keine Kriegsbegeisterung, obwohl eine solche nun seit Monaten angefacht worden war.“

Drei Tage später wird vereinbart, dass Deutschland die Sudentengebiete zustehen. Einen Tag später marschieren die Deutschen in die Tschechoslowakei ein. Ist Willy davon überzeugt, dass dies ein guter Schritt ist? Es scheint mir so. „Am 3. Oktober überschritt der Führer selbst die Grenze, sprach unter ungeheuer Begeisterung der befreiten Bevölkerung in Eger, Karlsbad und anderen Städten und erlebte einen Triumphzug sondergleichen.“

Die Annexion ist nur eine Etappe der Zerstörung der Tschechoslowakei. Im März 1939 werden der Staatspräsident und der Außenminister nach Berlin beordert, wo sie der Zerschlagung ihres Staates zustimmen müssen. Die tschechischen Länder werden als „Protektorat Böhmen und Mähren“ deutscher Herrschaft unterstellt.

 

Die Auslandsdeutschen haben zu leiden

Aber zuvor geschieht noch etwas anderes, das so grauenhaft ist und so sehr die teuflische Fratze des Nazitums zeigt, dass Willy spürbar schockiert ist: die Reichspogromnacht im November. Es ist weniger, dass er mit den Juden leidet und trauert, nein, es ist das Image Deutschlands in der Welt, das durch diese Tat leidet. Das findet Willy schlimm. „Ein Abstieg von der Höhe der Weltstellung Deutschlands und der Höhe der Stellung des Führers selbst in den Herzen der Deutschen. Es ist etwas Unbegreifliches, etwas Unheimliches und psychologisch und charakterlich unfassbares, aber immer Wiederkehrendes im Dritten Reich Adolf Hitlers, dieses nebeneinander stehen von größten, genialen Taten und unglaublichen Zwischenfällen, Wahnsinnshandlungen, Ausbrüchen wilden Hasses, grenzenloser Wut, grenzenloser Torheit, vor der Inland und Ausland da stehen wie angedonnert, vor der Begeisterung und Freude zerfließen, politische Positionen stürzen, Bewunderung in Schrecken, Achtung in Wut verkehrt werden. Anfang November fielen in der Deutschen Botschaft zu Paris Revolverschüsse eines Juden Grünspahn und trafen den jungen Botschaftsrat von Rath tödlich. Ein paar Tage danach starb er. Dieser feige Mord erregte in der ganzen Welt ungeheures Aufsehen, bei allen vernünftigen Menschen größte Entrüstung, größten Abscheu. Die Tat war ein abgekarteter Racheakt jüdischer internationaler Kreise und hatte nichts mit der Person des Getöteten zu tun, war vielmehr gegen Deutschland als solches gerichtet. Zweifellos. Zwei Tage nach dem Tode Raths brannten in ganz Deutschland hunderte von Synagogen ab. Die Feuerwehr und die Polizei standen dabei und rührten keinen Finger. Zigtausende von Fensterscheiben jüdischer Geschäfte wurden eingeschlagen, an einem und demselben Tag in ganz Deutschland die Zimmereinrichtungen jüdischer Rasse-Angehöriger wurden zerschnitten und zerschlagen, die Waren aus den Geschäften wurden gestohlen. Die Polizei stand in den Nebenstraßen und ließ sich nicht blicken. Kein einziges nicht-jüdisches Geschäft wurde angerührt. Die Anführer der Trupps, SA und SS, lasen von ihrem Zettel den Namen und die Adresse des nächsten Geschäfts ab, zogen dorthin und zerschlugen und plünderten den nächsten Laden. Am folgenden Tag wurden die Plünderungen verboten und hörten damit auf. Den Juden wurde eine Milliarde Reichsmark als Buße auferlegt, ihnen wurde der Waffenbesitz verboten, sie wurden angewiesen, die Zerstörungen auf eigene Kosten wiederherzustellen und die Versicherungsprämien wurden vom Staat eingezogen. Eine künstliche Welle der Judenverfolgungen tobte über Deutschland hin und fegte die Juden hinweg, aber die Welle ging über die deutschen Grenzen hinaus und fegte alle die mühsam eroberte Anerkennung deutscher Kraft, deutschen Willens und Mutes, alles, was die drohende Kriegsgefahr und der siegreiche Friedenswille in Deutschland bewirkt hatten in einem einzigen Schlag mit hinweg. Die heuchlerischen Lügen in der Presse waren so durchsichtig, dass jedes Kind sie erkennen konnte. Es ist weder Zorn, der dies zu schreiben zwingt, viel weniger Mitleid mit dem Volk der Juden, die unser Verderben waren, denen wir den Verlust des Weltkriegs zu verdanken haben und die meisten unserer früheren Krisen und wirtschaftlichen Nöte, es ist tiefste Trauer um einen neuen politischen Fehler in einem Augenblick höchster Stellung Deutschlands in der Welt. Die Judenhetze zog und zieht immer weitere Kreise. Die Auslandsdeutschen haben am schwersten darunter zu leiden. Sie werden fast überall im Ausland in unerhörter Weise schikaniert, ein begreifliches Wiedervergeltungsbedürfnis. Die meisten Auslandsaufträge an Deutschland haben aufgehört.Da ist sie wieder, die „Dolchstoßlegende“, in der den traumatisierten Kriegsverlierern, den Deutschen, weisgemacht wurde, es seien unter anderen die Juden und Bolschewisten gewesen, die den deutschen Soldaten in den Rücken gefallen wären und sie am Sieg gehindert hätten.

Dass die Juden nach der Pogromnacht zu Tausenden fliehen, ist Willy offenbar recht. Dass sie dabei nichts mitnehmen dürfen, findet er folgerichtig. „Deutschland hat damit sechs bis sieben Milliarden Vermögenswerte über die Strafmilliarde hinaus profitiert. Das war vielleicht der eigentliche Zweck des ganzen Unternehmens.“ Willy redet hier davon, dass die jüdische Bevölkerung nicht nur für den in der Pogromnacht entstandenen Schaden selbst aufkommen muss, sondern zudem noch zu einer „Sühneleistung“ von einer Milliarde Reichsmark verpflichtet wird. Dem folgt die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben“. Sie verbietet Juden, Einzelhandelsgeschäfte und Handwerksbetriebe zu betreiben und zwingt sie, eine Kennkarte mit aufgedrucktem „J“ und dem Vornamen „Sara“ bzw. „Israel“ mit sich zu führen. Der Besuch von Bibliotheken, Kinos, Theatern, Museen und Schwimmbädern wird ihnen verboten. Jüdische Schüler dürfen keine „deutschen“ Schulen mehr besuchen, Parkbänke erhalten die Aufschrift „Nur für Arier“ und ab Dezember wird den Juden auch noch das Autofahren und der Besitz von Autos verboten.

 

Der Tanz auf einer Glasscheibe

1939 – ein Schicksalsjahr beginnt. Der Krieg ist jetzt zum Greifen nah. Willys jüngster Tochter, Sibylle, ist das vermutlich gerade egal, sie hat Liebeskummer. Sie hat sich heimlich verlobt, mit 18. Das kann man verstehen, da die großen Geschwister es ja schließlich vorgemacht haben. Aber die Eltern haben ihr das ausgeredet, es sei zu früh. Deshalb leidet sie nun vor sich hin. Jürgen dagegen hat geheiratet. Titti macht sich sehr gut, aber sie will nicht so richtig eine Oertzen werden, sprich: protestantisch. Willy würde den beiden gerne ein Gut kaufen, aber das Geld reicht nicht dafür. Und Frithjof: Willy hat versucht, ihn vom Militär freizubekommen, um ihn Landwirtschaft lernen zu lassen, aber der Antrag wurde abgelehnt. Willy unternimmt einen erneuten Versuch. Frithjof selbst wünscht es sich so.

Unterdessen empört sich das Ausland über die Deutschen, die ins Sudetengebiet einmarschiert sind. Die Empörungswelle ist gerade abgeflacht, da bekommt sie neue Nahrung: Die Deutschen verlangen die Rückgabe Danzigs und okkupieren das Memelland, das sie im Zuge des Versailler Vertrages 1923 an Litauen hatten abtreten müssen. Über die Eroberungsgier der Deutschen kann zu diesem Zeitpunkt wahrlich kein Zweifel mehr bestehen. Willy macht sich lustig über die Reaktionen des Auslands. „England und Frankreich, denen sich sehr schnell Amerika anschloss, entfalteten eine ungeheure Kriegshetze und versuchten eine Einkreisungspolitik, zusammen mit Russland gegen die autoritären Staaten, also gegen Berlin und Rom. Radio und Auslandspresse brachten nichts als diese Nachrichten. Aber Anfang April wurden die Wächter des europäischen Friedens trotzdem mit der fertigen Nachricht vom Einmarsch Italiens in Albanien überrascht. Man gewöhnt sich zwar an diesen fortgesetzten Zustand drohender Kriegsgefahr, aber man muss sich doch klar sein, dass der fortwährende Tanz auf einer zu dünnen Glasscheibe doch einmal, und zwar jeden Augenblick, Scherben bringen kann.“

Am 3. April gibt Hitler Weisung zur Vorbereitung eines Krieges. Ende des Monats kündigt er den Nichtangriffspakt mit Polen und das Flottenabkommen mit England, das besagte, dass sich die Stärke der deutschen Flotte am Umfang der britischen Flotte orientieren sollte.

Tatsächlich ist die Aufrüstung Deutschlands noch dürftig. Hitler will dies offenbar durch Schnelligkeit wett machen und die Gegner vor vollendete Tatsachen stellen. Und er hofft, dass das Bündnisversprechen der Westmächte gegenüber Polen nur theoretisch ist, denn weder die Franzosen noch die Briten sind für einen Krieg gerüstet. England reagiert mit einer Einführung allgemeiner Wehrpflicht. Willy beobachtet: „Von diesem Augenblick an waren die deutschen Zeitungen und Radiomeldungen erfüllt von polnischen Gräueln, wie sie vor der Besetzung des Sudetengaus erfüllt waren von tschechischen Gräueln. Also derselbe Film. Es geht nun gegen Polen.“

Willys Antrag auf Loslösung Frithjofs aus dem Militärdienst zum Herbst wird zugesagt. Vater und Sohn sind darüber sehr glücklich. Im August fahren Willy und Gerda nach Bayreuth zu den Wagner-Festspielen. Willy hatte seiner Frau die Karten zu Weihnachten geschenkt.

„21. August Walküre. Die politischen Sorgen waren hinter der Kunst zurückgetreten, es fiel nur auf, dass im Festspielhaus nicht mehr alle Plätze besetzt waren wie bei der Parzival-Aufführung, und es wurde gesagt, dass manche in letzter Minute abgesagt hätten wegen Einberufung zum Militärdienst, aber man lebte doch so in dieser friedlichen Atmosphäre der Musik, dass man sich dadurch nicht sehr tief beeindrucken ließ. Während der Festspiele erfuhren wir die mehr als überraschende Nachricht vom Abschluss eines Nichtangriffspakts mit Sowjetrussland, dem Staate, dem vor zwei Jahren ein ganzer Nürnberger Parteitag mit seinen Brandreden gegen den Bolschewismus gewidmet worden war und vor einem Jahr der Abschluss eines Antikominternpaktes mit Japan (der die Bekämpfung der Kommunistischen Internationale vorsah). Jetzt sollte er unser Bundesgenosse sein. Damals war er unser Todfeind. Solche Dinge sind also heute möglich und werden von Hitler möglich gemacht. Ist das Genialität? Jedenfalls war es für den Augenblick ein Gefühl großer Erleichterung und eine Hoffnung auf Friedensfortbestand, denn es bedeutete einen Schlag gegen die englische Einkreisungspolitik. Seit Monaten hatte England mit Sowjetrussland verhandelt und war ihm in unwürdiger Weise nachgelaufen, um ein anti-deutsches Bündnis mit ihm zum Abschluss zu bringen. In Wirklichkeit waren diese ganzen Verhandlungen nur Spiegelfechterei Stalins gewesen, denn er hatte längst mit uns diesen Pakt unter Dach gebracht und der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung war nun gekommen. Die Überraschung des gesamten Auslands war vollkommen und der Eindruck groß, wenn er auch zu verkleinern versucht wurde.“

Willy wundert sich am nächsten Tag bei der Aufführung des „Siegfried“, wie viele ausländische Sprachen man noch immer in den Pausen hört. Englisch, Holländisch, Spanisch, Französisch. Am 24. August wird abends in Bayreuth die „Götterdämmerung“ aufgeführt. Wie passend. Willy muss es sich fragen: „Stehen wir vor einer Götterdämmerung in Deutschland, in Europa?“

Am 25. August tankt Willy sein Auto noch einmal voll mit „Autobetriebsstoff“, sicherheitshalber auch noch den Reservetank, und fährt mit Gerda Richtung Eltville-Drais, zu Tochter Adele, die im September ihr zweites Kind erwartet. Immer wieder die bange Frage: „Gibt es Krieg oder nicht?“ Abends erreichen sie Aschaffenburg und übernachten dort. „Viel Militär, bei der Kaserne großer Menschenauflauf, viele Militärfahrzeuge auf den Straßen. Menschen in Gruppen an allen Straßenecken. Die Stimmung sah hier kriegerischer aus als in der Kunst- und Festspielstadt. Sehr ernst, gedrückt, sorgenvoll. Gestern war der eine Hausdiener des Hotels eingezogen worden, heute ein zweiter. Der Kellner versah seinen Posten und den eines Hausdieners. Haben sie Brennstoff? Hier bekommen Sie nichts mehr. Alles beschlagnahmt für die Fahrzeuge des Aufmarsches!“

Am nächsten Tag kommen sie mittags in Drais an. „Ich rief in Roggow telefonisch an und erhielt nach vielen Stunden Verbindung mit Fräulein Helene, die bereits ihrerseits morgens um 7 Uhr ein Gespräch angemeldet hatte! In Roggow sind 9 Pferde und 11 Arbeiter eingezogen.“

Auch Edzard, Adeles Mann, soll sich übermorgen melden. Willy bemüht sich, Benzin aufzutreiben. „Es war unmöglich. Ich hatte noch höchstens 20 Liter. Damit könnte ich bis Göttingen kommen, aber was soll ich mit dem Wagen in Göttingen? Wir gingen bis zum Eltviller Bahnhof. Wir erfuhren, dass nur noch morgen die Züge regelmäßig verkehren würden, dann sei Sperre. Beschlossen, nächsten Morgen früh abzufahren und den Wagen in Drais stehen zu lassen. Der Abschied wird uns sehr schwer und Dele noch mehr, und dennoch glaubten wir immer nicht an das Schlimmste. England kann sich vielleicht doch noch heraushalten, dann bleibt auch Frankreich heraus. Es will ja kein Mensch den Krieg, in Frankreich nicht, in England nicht, auch sonst in der Welt nicht, nur in Deutschland – einer. Hitler ist unser Schicksal!“

In den nächsten Tagen wird noch verhandelt. Ein Angriff auf Polen wird für den 26. August geplant und noch einmal verschoben. Am 1. September wird ein polnischer Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz fingiert, angeblich durch polnische Soldaten, in Wahrheit durch deutsche SS-Männer. Sie ermorden KZ-Insassen und bringen deren Leichen als vermeintliche Opfer des polnischen Überfalls an den Ort des Senders. Das bietet den Vorwand zur Eröffnung des Krieges.

Sonnabend den 1. September 39. Morgens kam die Nachricht von der Einberufung des Reichstag. Also Krieg! Die Rede des Führers war wieder würdig, wie immer, aber hatte nicht die ganz große Fertigkeit wie z.B. im vorigen Jahr auf dem Parteitag seine Rede an die Sudetendeutschen.“ Berühmt geworden ist sie jedenfalls, durch Hitlers Behauptung: „Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen.“

Der Zweite Weltkrieg hat begonnen.

Schreibe einen Kommentar